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Die, in der niemand über schlechten Sex lachen will

Wissen Sie: Als ich dreizehn war, verliebte ich mich im Ferienlager unsterblich in B. Doch nach drei Tage Beziehung kam es zum peinlichen Showdown. Er besuchte mich in meinem Zimmer, aber da ich es mit vier anderen Mädchen teilte, zogen wir uns auf den Balkon zurück. Die Sterne über uns strahlten, wir lauschten in die Stille der Nacht und küssten uns – bis die Ruhe deutlich hörbar unterbrochen wurde, als mein Magen rebellierte und ich B. in den Mund rülpste. Danach küsste er mich nicht mehr. Weil wir den Fehler machten, die Panne tot zu schweigen, anstatt uns darüber lustig zu machen. Denn Sex ist, wenn man trotzdem lacht. Vor allem über sich selbst.

Während ich meine blauen Flecke zählte und hysterisch gackerte, drehte er sich verschämt zur Seite und zweifelte an seiner Manneskraft.

So wie unlängst beim Jahreswechsel, als es im Freundeskreis wieder mal um Sex ging. Und ich musste die Hose runterlassen und gestehen, dass ich genau diese im Jahr 2007 immer anbehalten hatte. „Um meine Sex-Quote von 2007 zu verdoppeln, muss ich 2008 nur einmal Sex haben“, sagte ich feixend und lachte herzhaft über mich. Und nahm mir vor, dass im neuen Jahr alles anders werden würde. Sex noch dieses Jahr! Das dachte ich zumindest. Ich verbrachte kürzlich ein Wochenende bei einem Bekannten. Wir waren unterwegs auf Kneipen-Tour und hatten bald mehr Promille als Paris Hilton Gehirnwindungen, bis wir irgendwann in seinem Schlafzimmer endeten beim hoffnungsvollen Versuch, Sex zu haben. Doch offenbar lag Murphy’s Gesetz zwischen uns, denn alles ging schief, was schief gehen kann. Mein linkes Knie krachte gegen seine Nase, sein Kopf donnerte gegen mein Kinn, und als er mich nach weiter oben im Bett schob, um mich nach allen Regeln der Kunst zu lieben, knallte er meinen Kopf gegen die holzvertäfelte Wand, dass ich mehr Sternchen sah, als bei RTL je interviewt wurden. Und wieder passierte das, was mir als 13-Jährige widerfahren war. Er konnte nicht darüber lachen. Während ich meine blauen Flecke zählte, hysterisch gackerte und im Geiste diese Kolumne formulierte, drehte er sich verschämt zur Seite und zweifelte an seiner Manneskraft.

Die einzige Größe, auf die es im Bett ankommt, ist Humor!

Weil in dieser Nacht nichts mehr groß wurde außer seinen Komplexen, verkniff ich mir jedes weitere Herumulken – bis zum nächsten Abend. Wir waren mit seinen Freunden essen, ich prostete ihm zu. Da brachte er die Plattitüde: „Schau mir in die Augen, sonst hast du sieben Jahre schlechten Sex“. Und ich konterte: „Ich dachte, das hatten wir schon gestern!“ Zufällig saß Murphy’s Gesetz erneut neben uns, sodass nicht nur er, sondern all seine Freunde meine Aussage hörten und mich für den Rest des Abends eisern anschwiegen und mieden, als wäre ich die Brut Satans. Und ich frage mich: Warum können Männer bloß nicht über Pannen im Bett lachen? Die einzige Größe, auf die es dort ankommt, ist doch Humor!

Sex 2008? Von wegen. Er hat sich seit diesen Tagen nicht mehr gemeldet. Vielleicht habe ich es verdient. Aber vielleicht hätte er einfach mit Humor ins Bett gehen sollen statt mit mir.


 

(Erschienen in: „CHICA“, Ausgabe 02/2008)